Silvester. Nachts.

 

Fast Mitternacht zur Jahreswende

schauert Regen aus buntem Licht

schäumt mein Blut in einer Zentrifuge

aus glattem Gold tausend Tropfen Kinderfüße

scharren scheu auf Dielen Gesichter

flach wie Lampions im Nebel

der Raketen wir steigen mit

schwerem Atem weiter und dann:

ist es zwölf. St. Reinoldi wankt

unter der Wucht des Glockenschlagens

der Markt weit unten im Jubel aus

wollenem Handschuh schießen

Nägel wie Spargel all

das Blinken der Smartphones die

Rufe das Lachen die Wünsche in jeder

Zelle ein Zittern Erschüttern das Staunen der

Himmel ein Kaleidoskop und

in den Wimpern klumpen Tropfen

aus Eis.Im Kirchenschiff unten

die Klappe. Da wurde den

Pestkranken Suppe gereicht

ins Gotteshaus

durften sie nicht.

30. Dezember 2021

 

Ich wünsche uns allen ein glückliches 2022  - voller Kraft und Erfülltsein, voll Liebe und Lebensfreude.

aus: Ursula Maria Wartmann "Gegen acht im Park", edition offenes feld 2020. Hardcover mit Schutzumschlag und Fadenheftung.



aus: Ursula Maria Wartmann "Am Ende der Sichtachse", edition offenes feld 2021. 100 Seiten, mit Zeichnungen von Gillis van Scheyndel

 

 

22. Dezember 2021

 

 

Winter

 

Am Morgen hauchen wir

die Draußenwelt ins Fenstereis

wo hinter dem Zaun der Bach

zwischen den Weiden klirrt.

 

Unterm First flattert der Sperling

der schwere Flügelschlag der Eule

schaut vorbei ich schüre zitternd

das Feuer lege die Finger unter die

Achseln während die Flamme

knackt und springt spaltest du

Buchenholz für den Tag

sollte es reichen. Im Kessel simmert

 der erste starke Tee.

 

Dies wird ein großer Tag voll Kälte

und Klarheit sein. Unsere Träume

fädeln wir am Ofen zum Trocknen auf

so gehen sie uns nicht verloren.

 

 



14. Dezember 2021

Lappland Hotel

 

Lappland Hotel. Wir hatten Ren

 am Abend süßen Pudding und

 scharfen Schnaps und nachts

 um drei bestäubte die Sonne unsere

 Hütten am Berg den See jedes Zimmer

 mit Sauna und an den Wänden Fotos

 von alten Menschen mit ernsten Mienen

 und hohen Stiefeln aus Fell. Da hinten:

 Im Schatten des Stamms stehst du

 geknickt in müdem Hüftschwung

 das Haar gelockt bis zur Schulter ein

 halbes Jahr hast du beim Abendessen

 berichtet mehr nicht was soll man

 da sagen bei Ren süßem Pudding

 und scharfem Schnaps; wir wussten

 es nicht. Ich spreize die Jalousie zum

 Dreieck mit zwei Fingern ich lege

 ein Pharao-Auge hinein es schwimmt

 mir wässrig in der Höhle der Stirn die Sonne

 strahlt auf den See und auf dich wir werden

 all das wiedersehen wir müssten nur wollen noch

 wartet der Bus auf Leute wie uns.

 

aus: Ursula Maria Wartmann "Gegen acht im Park", edition offenes feld 2020



6. Dezember 2021

 

Atelier Johanna Hansen in Düsseldorf. Besuch bei einer charismatischen Künstlerin im trubeligen, jugendstiligen Szeneviertel Düsseldorf-Bilk. Johanna Hansen ist Malerin, Autorin und Herausgeberin des Literaturmagazins WORTSCHAU.

Viele Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen gehören zu ihrer Vita; seit fast fünfzehn Jahren veröffentlicht sie außerdem Lyrik, oft in Kombination mit eigenen Bildern. Das alles (und noch viel mehr) unter johannahansen.de.

Es war ein kurzweiliger, tiefsinniger und auch witziger Nachmittag bei Keksen und Tee an weißgestrichenem Chippendale. Und einer Tischtuchskizze, die sie - was lag näher - "Ulla" nannte. Es ist nur und nur genial, was sich an Austausch und Begegnung immer wieder über die Kunst neu entwickelt. Und das - ho! ho! hoho! - auch noch auf meine alten Tage. Beim Stöbern in Bilks schicken Läden gleich die passende Postkarte zum Thema gefunden: "Für alle, die es immer noch nicht verstanden haben:  NORMAL ZU SEIN, WAR NIE MEIN ZIEL!" Yes. So isses.


aus: Ursula Maria Wartmann "Am Ende der Sichtachse",

edition offenes feld 2021

5. Dezember 2021

 

Trost

 

Wir teilen den Trost der Gebete

 wie Brot zerdrücken wir Worte

 unter dem Gaumen

 schmecken das Bittere

 Wahre des ewigen Lebens.

 

Wir atmen im Zwielicht im

 Dunkeln treten wir auf

 der Stelle prüfen die

 Pole der Einsamkeit

 ertasten zögernd

 die Haut auf der Milch

 legt sich faltenweich auf die Zunge.

 

 



28. November 2021

 

Das Chanukka-Fest

 

wird weltweit von Juden und Jüdinnen ab dem 28.11. gefeiert. Dabei wird eine Menora, der achtarmige Leuchter, entzündet, dessen Licht aus einer extra Kerze - Diener genannt - in der Mitte des Leuchters entzündet wird. Das Lichterfest geht auf eine Begebenheit aus dem Jahr 165 vor der christlichen Zeitrechnung in Jerusalem zurück.

Der größte Chanukka-Leuchter ist zehn Meter hoch und steht auch in diesem Jahr vor dem Brandenburger Tor in Berlin. In Dortmund wurde ein Leuchter von Kulturdezernent Jörg Stüdemann auf dem Platz der Alten Synagoge auf der Terrasse der Oper entzündet. Die Synagoge wurde 1938 von den Nationalsozialisten zerstört. Sie galt als eine der schönsten, größten und kostbarsten jüdischen Gotteshäuser in Deutschland. Heute gibt es nur noch Fotos von ihr. Es war das erste und symbolträchtige Mal, dass das Lichterfest hier gefeiert wurde - mit Liedern und Musik, Lobpsalmen und ausgelassenen Tänzen zum Schluß. Chanukka ist traditionell auch ein Familienfest, wo Bräuche gepflegt werden und es in Öl gebackene Speisen gibt, zum Beispiel Latkes, Kartoffelpfannkuchen und Krapfen. Auf dem Platz der Synagoge ist auch eine Ausstellung zu sehen, die Auskunft über das Wüten der Nationalsozialisten gibt.



Ein Gastbeitrag von Ursula Maria Wartmann: „So viel Schnee in Neu-Ulm“

Wie die Geschichte einer Flucht in der neuen Heimat Dortmund glücklich endete

Gemeinsam mit ihren zwei Töchtern floh die 42-jährige S. vor dem Krieg in Syrien. Mittlerweile hat die kleine Familie nach mehreren anderen Stationen eine neue Heimat im Dortmunder Westen gefunden. Foto: privat

Ein Gastbeitrag von Ursula Maria Wartmann

Bevor sie 2015 nach Deutschland kam, war ihr Zuhause Salamieh. Salamieh – das ist eine kleine Stadt mitten in Syrien, ungefähr vier Autostunden von Damaskus entfernt. Dort ist sie aufgewachsen; wir nennen sie S. Ihre Kindheit war ruhig und überschaubar. Ihr Leben zunächst auch. Schule, Studium, Heirat, zwei Töchter. Dann kam der Krieg, und er kam immer näher …

 


21. Oktober 2021

 

Zeeland

 

Goes, Veere, Zieriksee ... und all die anderen Orte auf den Inseln - verwunschen, zum Teil dem Meer abgetrotzt, verspielt und wunderschön: die Niederlande werden von vielen geliebt; heiß und innig von den meisten Menschen nicht weit von hier im Ruhrgebiet. Ab morgen wird der Lockdown neu verhängt, vor einer Woche wurde der Teillockdown ausgerufen. Von außen schien in diesen kurzen Novembertagen alles wie immer. Die klare und salzige Luft, das schäumende Meer. Das Glitzern der Sonne. Der Weihnachtsschmuck in den Straßen. Die Buden mit Kibbeling en frietjes. Und doch wird es wieder ein Winter voll von Unsicherheit und Ängsten sein.


14. Oktober 2021

 

Neue Rezension von Monika Littau

zu "Am Ende der Sichtachse"

 

Großartig, kongenial. Glücklich machend.

 

http://monikalittauaktuell.blogspot.com/p/workshops.html


10. Oktober 2021

 

Sie ist da:

 

Die WORTSCHAU ist erschienen. Dreimal im Jahr gibt es sie, zu wechselnden Themen. Viele Autoren und Autorinnen schreiben hier, die sehr bekannt sind oder weniger, die Macher*innen aber mit ihren Texten überzeugt haben.

 

Ich freu mich sehr, dass ich, als Lyrikerin weniger bekannt, diesmal dabei bin - mit "Fremde Freiheit."



9. November 2021

 

In Erinnerung

 

an die Familie Pinkus in unserem Nachbarhaus - Dorothee, Regina und Max - , deren Mitglieder dem Terror der Naziherrschaft zum Opfer fielen. 

 

Wir dürfen niemals vergessen!



8. September 2021

 

Ausflug nach Hamburg

zum Geburtstagfeiern ...

Die "weidenkantine"

 

hat auf Wunsch der Jubilarin ein sensationelles mehrgängiges Menue gezaubert. Vegetarisch und so, dass wirklich niemand etwas vermisst hat. Zora Klipp führt die "weidenkantine" mit ihrer Schwester Ronja. Sie kocht regelmäßig im NRD; ihr erstes Kochbuch "Koch's einfach" wurde zum Spiegel-Bestseller gekürt. Wahrscheinlich steht ihr eine große Zukunft bevor.

Gut so: verdient! Viel Glück!




 

4. November 2021

 

Auf dünnem Seil

 

 

 Dunkle Amselkörper fallen vom Himmel wie

 Fliegerbomben aus einem Flugzeugbauch schlagen

 sie in Höfe ein in Gärten kein Mensch mehr sieht

 hin im Sommer waren es Spatzen.

 Ein neuer Baustein der Apokalypse

 mehr nicht die Kehrer fegen und säubern

 die Straßen die Autobahnkreisel Balkone

 nicht einmal nachts unter der Decke

 aus Daunen gibt es Haftaufschub oder

 am Ende: Verschonung.

 Nachts wird die Geschichte weitererzählt

 wenn du das Fühlen von der Leine

 lässt von Schmerz von Gewalt unterm

 Lebendrupf wirst du erfrieren dein Zittern

 wird dich die Nacht entlang tragen

 auf dünnem Seil zwischen den Türmen

 der Stadt dein Zittern wie Espenlaub

 spät im Herbst so sagen es die Geschichten

 da trugen die Bäume noch Laub

 flirrte das Blatt bunt unter dem

 roten Tanz der Sonne.

 

 

aus "Am Ende der Sichtachse", edition offenes feld 2021

 

 


31. Oktober 2021

 

Alte Heimat Marburg

 

Wo es noch alte Freundschaften aus den bewegten Uni-Zeiten gibt, kann man immer auch das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.

Ein mir bis dato unbekannter Kollege -  Andreas Hutt - las im Haus der Romantik oben am Marktplatz aus seinem Gedichtband "Schritt auf Schritt", erschienen, wie auch meine Lyrikbände, in der edition offenes feld.  Das war anregend und spannend an diesem geschichtsträchtigen und schönen Ort. Die Begegnung mit Freundinnen war nicht minder spannend und schön (auch wenn die Nächte heute deutlich kürzer sind als früher ...). Aber, seufz, was will man machen.

Fotostreifzug durch die Oberstadt. Erinnerungen an jeder Ecke. Sensationell der heisere Hahn, der seit Menschengedenken oben am Rathaus aus voller Kehle die vollen Stunden bekräht und dabei mit den Flügeln schlägt. Legendär die langen lauen Nächte zum 1. Mai mit Wein und Gesang.  (Mehrsachichdazunich ...).


16. Oktober 2021

 

Nachlese

 

Sonne satt!

 

Bodden und Meer, Sand und Sonne und Wind. Und der stete Ruf der Kraniche, die auf dem Weg in den Süden hier Rast machen. Goldener kann ein Oktober nicht sein. Die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst ist ein magischer Ort, auch zu Zeiten touristischer Wanderbewegungen, wo die Zahl der Gäste, auch Corona geschuldet, so hoch ist wie noch nie. Die Gegend hier oben in Mecklenburg-Vorpommern gehört, so sagt man, zu den Ecken in Deutschland mit den meisten Sonnenstunden. Wer wollte das bezweifeln: So einen Oktober haben wir noch nie erlebt.

Welch ein Geschenk!


Nachlese

 

14. Oktober 2021

 

Backstein und Barock am Bodden

 

In vielen kleinen Dörfern südlich der Boddengewässer  stehen Jahrhunderte alte Backsteinkirchen, zum Teil prächtig, beinahe überbordend ausgestattet. Es gibt ausgeschilderte Routen, damit man sie erkunden kann. Hier die Saaler Dorfkirche, in der 1286 der erste Priester tätig war. Der hölzerne Glockenturm wurde um 1475 am Eingang des Friedhofs erbaut. Vor kurzem wurde hier Erntedank gefeiert.



13. Oktober 2021

 

Nachlese

 

Licht Luft Kraniche - in Barth

 

 


8. Oktober 2021

"Sonate" aus: Am Ende der Sichtachse, edition offenes feld 2021

 

Sonate

 

Vor der wuchtigen Waldwand

 

lauscht die Ricke in die Dämmerung

 

fällt der sanfte Seufzer einer Frau

 

die sich im Forsthaus mit dem Lehrer

 

des Sohns an einer Sonate versucht

 

lädt im Hochstand die dunkle Hand

 

des Försters das Gewehr das

 

tagsüber im Eichenschrank

 

neben der alten Standuhr steht.

 

Ein mächtiger Knall.

 

Die Ricke war schneller.



Aus: Am Ende der Sichtachse. edition offenes feld 2021

 

3. Oktober 2021

 

Gute Geister

 

 

 Als der Hahn nicht mehr kräht

 tropft Stille durch das Blätterdach

 des Sommermorgens rote

 Panzer der Feuerwanzen hasten

 über geharkte Wege im Geäst

 des Birnbaums Lampions im

 leisen Wind das Zittern der

 Grillen im Gras.

 

Am Abend werden Gäste

erwartet zur frühen Stunde

der krosse Duft schon

nach Entenbrust Rehrücken

der Leber vom Kälbchen.

 

Gute Geister

bereiten die Feier vor.

 



 

Hitze

 

Ich schmelze vor meinen Augen

im Spiegel im Ofen verbrennt

knisternd das Brot die Angst

wartet heiß und mächtig

hinter der morschen

Mauer wird sich Gottes

Hass entladen wird sich

ducken ein Reflex ohne

Sinn sein kein Entkommen

wenn an all den heißen Tagen

ohne Wind die Spitze

des Kirchturms in

Wolkenblasen sticht

wenn der Pegel sinkt.

 

Wenn Dürre droht.

 

29. September 2021

 

Zwei Gedichte aus "Am Ende der Sichtachse", edition offenes feld 2021

 

Hoffen

 

Wir jäten gebückt die Beete

wo trockene Erde staubt

in den Reihen der Liebe

schießen schnurgerade

Zweifel wie Unkraut hoch

wimmeln Gespinste und Spinnen

zwischen Krumen und Kraut.

 

Ich umarme deine Worte

bevor ich sie in die Reihe

der Jungpflanzen setze auch wenn

sie mich verletzten hoffe ich

auf Ernte die uns ernährt wenn

die Fahrwasser ruhiger werden wir

bereit für Milde sind auch

mit uns selbst.

 




27. September 2021

 

Der Ruhrpott ist eine Wundertüte!

 

 

Uuhhh! Heute wieder etwas Neues entdeckt ...

 

Hattingen ist schon unglaublich schön, Essen-Kettwig auch oder Mülheim an der Ruhr. Fachwerkhäuser, enge Gassen, romantische Winkel. Cafés und Galerien, Kleinkunst, alte Kirchen ... Strenggenommen ist in der Metropole Ruhr an jeder Ecke etwas, was man nicht erwartet. Zumindest dann nicht, wenn man das uralte Klischee im Kopf hat, was von der Realität allerdings vor Lichtjahren schon überholt wurde. Yes, please: den Schalter bitte - JETZT - umlegen!

Wir also heute in Herten-Westerholt - dreißig Kilometer von Dortmund entfernt und so richtich mittendrin in der definitiv spannendsten Region Deutschlands. Da ist das "alte Dorf", randvoll mit charmanten und hervorragend sanierten Fachwerkensembles. Und da ist das Schloss - ein prächtiges Wasserschloss, voll Glanz und Gloria vergangener Tage. Heute kann man drinnen oder draußen gut essen und Golf spielen, und wer sich dabei nicht unwiderruflich verkracht, könnte sich im Rittersaal auch trauen lassen. Der Parkplatz ist voll mit teuren Karossen, aus dem benachbarten Holland oder aus Belgien kommt man auch gerne mal rum.

Das Grafengeschlecht von Westerholt wurde 1193 erstmals urkundlich erwähnt; später nannte man sich Westerholt zu Gysenberg. Schmankerl am Rande: Maria Anna Wilhelmine von und zu Westerholt-Gysenberg war eine Jugendliebe Beethovens.

Überhaupt war die Geschichte des Hauses und derer, die dort lebten, eine überaus bewegte. Aber das, by the way und dem Himmel sei Dank, war unsere ganz persönliche ja auch, was?!

Westerholt! Schon wieder ein neuer Hotspot für Gäste von außerhalb, die das alles einfach nicht glauben wollen. Die werden noch ganz jeck, weil das alles irgendwie einfach nicht wahr ist. Aber wißt ihr was?

Isses doch!   

 


26. September

 

Nachlese:

Impressionen aus Ostfriesland


16. September 2021

 

Schock beim Frühstock ... ähh: stück!

 

Wie alt bin ich beim Ablaufdatum der wunderbar köstlichen Kirschmarmelade?

 

Ach, ich denk lieber nicht drüber nach.

Wir wissen es ja: dat Leben welkt wie Gras ...


13. September 2021

 

 

Wunderwerk Text

 

Die Gruppe 48 hatte zum Wettbewerb geladen:  Für ihre Ausschreibung zum Literaturwettbewerb 2021 wurden über 1000 Einsendungen - Lyrik und Prosa -  gesichtet; stattliche 12 000 Euro waren ausgelobt worden.

 

Von den acht für die Endausscheidung nominierten Männern und Frauen erhielten in der Sparte Lyrik Maja Loewe und in der Sparte Prosa Juliane Pickel den 1. Preis. Großartige Texte von den beiden bereits mehrfach preisgekrönten Autorinnen.

 

Daneben haben es 48 Autoren und Autorinnen unter den Hunderten von Einsendungen in die "Auslesetexte" der Anthologie geschafft; fünf Gedichte von mir sind dabei.

 

Am 12. September fand in Schloss Eulenbroich bei Rösrath das große Finale statt; das Publikum konnte nach der Vorstellung der einzelnen Texte mit votieren. Mittagspause mit Imbiss, draußen strahlender Sonnenschein - da konnte man gut ins Gespräch kommen. 

 

 


10. September 2021

 

Reiche Ernte


In diesem Jahr verschieden Kartoffelsorten ausprobiert. Köstlich. Auch der Likör ist schon angesetzt. Die Marmeladen stehen in der Kammer. Und bald werden die Äpfel gelagert - für die berühmten "Apfelküchle" zum Adventkaffee. 



 10. September 2021

 

Unterm Flieder

 

Ich bringe dir einen Strauß Sätze

 mit du magst Nelken ich habe

 auch noch Kosmeen dabei und

 Kalifornischen Mohn komm

 mit in den Garten unter

 den Flieder dein blauer Blick

 soll strahlen unter meiner Rede

 soll die Kälte der Welt

 zu Splittern zerspringen sich

 neu formieren zu fetten Wiesen wo

 sich munter Sumpfdotterblumen

 tummeln bereit sich zu rangeln

 um den besten Platz

 im Licht um ein Lächeln von dir.  

 

 

aus Ursula Maria Wartmann "Am Ende der Sichtachse",

edition offenes feld 2021    

 


 

9. September 2021

 

Offene Nordstadtateliers

 

 

Am vergangenen Wochenende gab es krankheitsbedingt nur ein winziges Programmpünktlein aus dem riesigen Angebot der Nordstadtateliers.

 

Es zog uns zu Andrea Fortmann, Grafikerin und Designerin, die ihr Atelier (das sie mit Christina Kreymborg teilt) in der Westerbleichstraße hat. Ihr Schreibtisch steht im Unionviertel im Union-Gewerbehof, wo sie neben vielem anderen der Unionviertelzeitung ihr Gesicht gibt.

 

Spannend, ihre neuen großformatigen Acrylwerke, ihre Kohlezeichnungen, die Grafiken und all die Geschichten dazu. Die Künstlerinnen arbeiten unterm Dach, ein uraltes verwittertes Treppenhaus führt dorthin,  was so manche Geschichte erzählen könnte. Es ist selbst ein gewachsenes Kunstwerk mit vielschichtiger Patina. Handläufe und Holz mit mehrfarbigen Lackspuren. Interessant der hellgrau lackierte Träger unter den Holzstiegen: er ist aus Eisen, das haben nicht viele der alten Häuser, die um 1900 bis ca. 1910 gebaut wurden.


1. September 2021

 

Rosen aus Norddeutschland

 

mit dem imposanten Namen "Lady Ashley" gab es von dem Freund und der Freundin aus Pinneberg, die zur Lesung im Studio B angereist waren und ein paar Tage im Unionviertel geblieben sind.

 

Die Gegend nordwestlich von Hamburg ist berühmt für ihre Baumschulen und für ihre Rosenzucht. Sogar bei dem in diesem Sommer leider üblichen "Schietwetter" ist der Strauß trotz langer Anreise in wunderbarster Üppigkeit aufgeblüht. Und das Schönste, als wäre das nicht genug: Er duftet so herrlich ...

Im Studio B Lesung
aus: Ursula Maria Wartmann "Der Bourbon des Grafikers" - Erzählungen
Da haben wir es endlich mal wieder krachen lassen! Dritter Anlauf und super Lesung in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. Volles Haus, gutgelaunte Gäste, jede Menge Bücher verkauft. Anschließend gleich nebenan im Café Nur noch ein Weilchen über die Dinge an sich und im Besonderen diskutiert. Keine durchschlagenden Ergebnisse, aber egal, Leute.
Wir wissen: der Weg ist das Ziel ...



Die WORTSCHAU ist eine literarischeAchterbahn, kopfüber herzunter, doch mit Bodenhaftung. Ein Magazin für
Gegenwartsliteratur, i
n dem poetische Luftsprünge ebenso Platz haben wie tiefschürfende Essays. Seit 2007 schauen wir dem Wort auf's Maul und sondieren Tendenzen und Sentenzen.
Denn der wichtigste Indikator für das Verstehen der Welt ist die Sprache. (Aus der WORTSCHAU)

25. August 2021

 

Das Logo der WORTSCHAU

 

die drei mal im Jahr erscheint. Die aktuelle Ausgabe, die in Kürze in Druck geht, steht unter dem Thema "Fernweh", zu dem zahlreiche Autor*innen gearbeitet haben. Auch von mir sind Gedichte dabei. - Made my day!

Mehr unter www.wortschau.com




23. August  2021

 

Kalligrafie kongenial

 

Regina Michel, u.a. bildende Künstlerin aus Marburg, übt sich derzeit in Kalligrafie (aus dem Griechischen: Kunst des schönen Schreibens). Sie hat zwei Gedichte von mir in dieses Medium "übersetzt". 


20. August 2021

 

 

Endlager am Morgen

 

 

Die Flanken des Haflingers beben nach Zucker

 

ein Wiehern über den Nebelwiesen

 

die Mähne glatt wie Gardinenfäden

 

unter der ordnenden Hand.

 

Am Draht zittern Strähnen

 

des gelben Schweifs triefen

 

Tropfen drüben am Wald das Camp:

 

Aktion gegen das Lager im Salz

 

und gegen gefährliche Frachten.

 

 

Hinter den Ställen schreit

 

die Katze baden sich Spatzen

 

balgend im Sand. Morgenrot wandert.

 

Die greise Ratte wartet mit zitternden Muskeln

 

unter der Birkenwurzel die Scheunen gefüllt

 

bis zum Dach für’s erst dann keine Not und doch

 

nistet die Angst hinter den Stores dem

 

glatten Fensterglas dunkel zwischen

 

dem stumpfen Rot der Ziegel.



 

Blesshuhn

 

 

Brückenpfeiler. An dunklen Moosen

 

sprudelt Wasser fließt und

 

trudelt und oben rast

 

der Schrei der Sirenen

 

durch Autokolonnen.

 

Unten schaukelt das Nest des Blesshuhns

 

es brütet behütet das sachte schaukelnde

 

Reich aus Reisig aus Plastik aus Styropor.

 

Auf der Brücke verlieren sich zwei

 

junge Männer im Glanz ihrer Augen

 

dem hohen Gewölbe des rascher

 

fliegenden Himmels.

 

 

aus: Am Ende der Sichtachse, edition offenes Feld 2021

 

 

 

16. August 2021



14. August 2021

 

Dabei sein ...

 

ist schon ganz schön schön!

 

Die Gruppe 48 hatte zum Wettbewerb geladen - es kamen über 1000 Einsendungen - Lyrik und Prosa -  zusammen, die sich an der Ausschreibung zum Literaturwettbewerb 2021 beteiligten.

 

Davon haben es - neben den acht für die Endausscheidung Nominierten - 48 Autoren und Autorinnen in die Anthologie geschafft; fünf Gedichte von mir sind dabei.

 

Am 12. September findet in Schloss Eulenbroich bei Rösrath das große Finale statt. Dann werden sich die acht Nominierten dem Votum des Publikums stellen, das in geheimer Wahl die Besten bestimmt. Das wird ein spannendes Event in der "guten Stube von Rösrath" werden.

 

Mehr unter:


http://www.die-gruppe-48.net/Literaturwettbewerb-2021


7. August 2021

 

 

Jury-Arbeit

 

für den Goldstaub Lyrik-Wettbewerb der Autorinnenvereinigung. Viele Einsendungen, wir alle haben gut zu tun. Vier Jurorinnen sichten für die Vorauswahl.

Ab dem 20. August werden zehn Texte ohne Namensnennung auf

 

www.autorinnenvereinigung.eu

 

online gestellt, so dass bis zum 26. August über sie abgestimmt werden kann. Einen Tag später, am 27. August werden die Ergebnisse auf der Webseite der Autorinnenvereinigung  veröffentlicht. 


Denken an Knaben

 

 

Die Beine gespreizt unterm Samt dem Brokat

im Chorgestühl schwitzt der Klerus verdaut

 den Leib des Herrn

 denkt an Knaben.

 Pralle Hoden

 treffen auf weiche Hände Altersflecken

 die heimlich mit weichen Zipfeln

 schäkern Vorfreude auf glatte

 Delphinhaut aufs Knabenfleisch

 auf leise Unterwasserschreie im

 Weihrauchduft der Sakristei

 hinterm Altar.

 

Herrgott das Schweigen das Schweigen

 sagt man ist die Siegerin der Lüge

 die Reproduktion der Samen so

 dauerhaft wie die klebrige Macht

 des Geldes doch gibt es Eventkirchen

 heute da tanzen Jungs an der

 Stange. Da kaufst du Lonsdale und Esprit.

 Da hängt der Herr dazwischen

 am Kreuz.

3. August 2021

aus: Am Ende der Sichtachse, edition offenes feld 2021


Herzrot

 

 

Du hast für mich das Moos

 in Funkeln verwandelt

 die Borken der Bäume in Gold.

 Mein Innerstes in eine

 Felsengrotte voll warmer

 Wasser und hellem Sand.

 

Alles weiß ich von Liebe

 und Hass wenn ich

 an deiner Hand durch Wälder

 tanze zwischen den Speerspitzen

 der Sonne rollt dein Lächeln

 wie Quecksilber über

 mein Herzrot hin was Liebe

 ist: der Name im Stamm

 der Buche wächst weiter.

 




28. Juli 2021

 

Ausflug nach Barmstedt

 

malerische Kleinstadt im "Land zwischen den Meeren" und etwa 30 Kilometer von Hamburg entfernt. Es gibt hier die Heiligen-Geist-Kirche mit ihrem traumschönen barocken Saalbau, die "Eiche von Barmstedt", deren Alter auf über 800 Jahre geschätzt wird. Und die Schlossinsel im Rantzauer See mit einem verwunschenen klassizistischen Gebäudeensemble, das ganz im Zeichen der Kunst steht. im Schlossgefängnis gibt es Kaffee und Kuchen, außerdem wird es hier und heute gerne und oft für Ausstellungen genutzt.

 



 

Und als Krönung

 

ein Aufkleber mitten in Barmstedt von der "Putin Jugend" Altona ...

 

Jep! Da haben Ole & Martin bestimmt lekker einen drauf gehoben. Nastrovje!




27. Juli 2021

 

Schulauer Fährhaus

 

in Wedel - so viele Erinnerungen an zwanzig Jahre Hamburg. So viel Liebe und Literatur, Wasser und Lieder, Trauer und Trennen, Feiern und Tanzen und Kraft und Mut und pralles Leben in all den Jahren. Nicht oft, aber ab und zu muss ein Besuch einfach sein ...


24. Juli 2021

 

Ausflug nach Duisburg-Ruhrort

 

Ruhrort ist ein Jahrhunderte alter teils hipper, teils gediegener, teils etwas abgerockter - wie das Leben halt so spielt - Stadtteil der Ruhrmetropole Duisburg mit dem größten Binnenhafen der Welt. Es gibt die "Schimanski-Gasse" und den "Anker", wo nach dem Tatort-Dreh Schimmi & Co. ihre Currywurst aßen und ihr Pils tranken. Klaro! Logisch ist Ruhrort eine Pilgerstätte für Fans ...


23. Juli 2021

 

"In der Schweigeminute hecheln die Hunde"

 

Nachdem gerade mein zweiter Lyrikband veröffentlich wurde, vergegenwärtige ich mir noch einmal, wie alles anfing. "In der Schweigeminute hecheln die Hunde" - dieser Satz, mit dem ich eines Morgens im Jahr 2019 glasklar aus einem Traum aufgewacht bin, war meine Erweckung als spätberufene, damals immerhin schon 65jährige Lyrikerin. (Young at heart, Leute, klar!) Nach einer dramatischen Lungenembolie Ende 2017 war ich als Schriftstellerin für's erste verstummt, immerhin nicht als Gesamterscheinung, was ja schon mal ganz wunderbar war.

2018 ein paar journalistische Arbeiten - mehr war da nicht.

Dann 2019 dieser Traum.

Dieser Satz!

Ein paar Jahre vorher hatte ich in den USA, in Savannah in Georgia, zufällig ein Treffen von Vietnam-Veteranen miterlebt, was mich offenbar so nachhaltig erschüttert hat, dass mich ein kleiner Bildausschnitt aus diesem Treffen - ein blinder Kriegsveteran mit nach innen lauschendem Blick und Hund - aus meinem Traum geradewegs in eine neue mir unbekannte Realität katapultierte.

Bleistift, Block und Blick von der Küche in alte Bäume - so fing das an. An diesem denkwürdigen Erweckungstag habe ich mich ohne jedes Zögern in die Küche geschleppt und ohne auch nur einen Schluck Kaffee erst einmal losgelegt. Das war schon verdammt besonders. In der Schweigeminute ... Irre war das. Das erste Gedicht hieß schlicht "Vietnam"; ihm sind etliche gefolgt. Mittlerweile kann ich in der Autowerkstatt schreiben, wenn ich auf das Ergebnis der Inspektion warte, was der Sensation und Faszination nichts nimmt.

Ich habe sehr viel in meinem Leben geschrieben. Interviews, Reportagen. Rezensionen, Romane. Essays, Erzählungen. Doch nie hat mich etwas so gefangen genommen, derartig glücklich und, ja, ich sag es so: selig gemacht wie Lyrik, die tiefe innere Schichten erreicht und Menschen auf eine Art berühren kann, wie es sonst nicht möglich ist - jedenfalls nicht über Sprache.

 

"Vietnam" in Ursula Maria Wartmann: Gegen acht im Park, edition offenes feld 2020


10. Juli 2021

 

"Des Sommers ganze Fülle" ...

 

die Gärten explodieren förmlich, es ist eine Lust und ein Genuß ... Wieder aus dem Regal geholt: das großartige Buch von Laurie Lee, das 1964 erstmal bei Kindler, München auf Deutsch erschien. Es beschreibt einen Kindheitssommer in einem abgeschiedenen Dorf im England der 1920er Jahre und ist dermaßen dicht und sinnlich geschrieben, dass man das Gefühl hat, dabei gewesen zu sein. Sehr zu empfehlen.



 8. Juli 2021

 

 

Damals war Krieg

 

 

Unsere Koffer sind ramponiert

randvoll mit dem Schweigen der Mütter

in den staubigen Winkeln der Kirche

zucken im Flammenspiel gemartert

die Helden und Heilige haben den Einschlag

der Bomben gehört dem federnden

Schritt der Katzen gelauscht die sich

durch Hunger wühlten wie wir

uns durch unsere Träume;

in jeder Sekunde beginnt die Lüge

neu nach der Reue im Kirchenschiff

treiben wir durch unsere Hitze und   

durch die taunassen Streuobstwiesen der Angst.

In der Küche hebt der Onkel ein Fuchsgesicht

aus den Händen taucht aus dem dunklen

Groll der Erinnerung auf. Schwarz unter

den Nägeln, die Knöchel weiß wie Kalk.

Mutter macht Kaffee mahlt Bohnen

Der alten Hündin fallen die Schritte schwer.

 

Du atmest so leise nachts, dann muss ich dich      wecken.

 

 

Aus:

Am Ende der Sichtachse, edition offenes feld 2021

 


1. Juli 2021

 

Tage so sonnenwarm

 

Wir brechen die Tage wie Brot

 am Strand beperlt die Bö unsere Haut

 mit Sand wir trinken dampfenden

 Wein und wachen am Deich über

 die lockigen Rücken der Lämmer dann

 entzünden wir ihn: den schwarzen Docht

 der Nacht wir hissen die Segel aus duftendem Tuch

 und Morgentau wir lassen das hungrige Herztier

 hinter dem Rippenbogen grasen am

 Morgen bringt uns das Meer

 schäumend die Sandburg zurück so

 sonnenwarm sind wir wir

 brechen die Tage wie Brot.

 

Aus: Am Ende der Sichtachse, edition offenes feld 2021

 




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